Wo kaufe ich ein - im Onlineshop oder doch lieber in der heimischen Fußgängerzone? Dass sich immer mehr Kunden für die virtuelle Einkaufstüte entscheiden, wird einem schnell klar, wenn man mal ein paar Tage mit Erkältung flach liegt und als einziger Anwesender im Mietshaus die unzähligen Pakete seiner Nachbarn entgegennehmen muss. Der stationäre Einzelhandel hat das natürlich auch gemerkt - und zieht nach. Ganz langsam aber sicher nicht mehr nur im Ausland, sondern auch bei uns in Deutschland. Die Anbieter haben erkannt, dass sie ihre Verkaufsstrategien und -Ebenen weiterentwickeln müssen, um sich auf dem immer größer werdenden Parkett der Shopping-anbieter zu behaupten. Und dabei gilt es konsequent die Chancen zu nutzen, die die voranschreitende Digitalisierung bietet.
Wo früher noch der Umsatz zählte, geht es heute darum, denn Einkauf für den Kunden zum Erlebnis zu machen. Denn nur darin liegt der tatsächliche Vorteil eines begehbaren Geschäftes - hier kann der Kunde die Produkte mit allen Sinnen erfahren, sie anfassen, riechen, ja sogar schmecken. Man denke an eine Tasse Kaffee aus der neusten Maschine der Lieblingsmarke, das Gefühl von Kaschmir auf der Haut, wenn man den neuen Luxuspullover der Lieblingsmarke anprobiert - solche Erlebnisse bereitet dem anspruchsvollen Kunden das Onlineshopping nicht.
Zusätzlich ziehen die Anbieter die Leute durch Serviceleistungen in die stationären Shops - Friseure, Barber, Café-Ecken. So wird online bestellte Ware gerne offline abgeholt, denn man kann den Besuch praktischerweise kombinieren. Und kauft dabei dann vielleicht doch noch das ein oder andere Teil, das unter anderen Umständen vielleicht nicht in der Shoppingbag gelandet wäre. Zudem machen sich stationäre Geschäfte digitale Möglichkeiten zunutze, um das Kundenerlebnis, die Produkt- und Markeninszenierung vor Ort noch stärker Wirkung zu verleihen. Da werden zum Beispiel beeindruckende Fotosettings kreiert, damit die Instagram-User die neuen Lieblingsstücke direkt vor Ort in Szene setzen können. Das schafft nicht nur Markenbindung, sondern erzeugt eine höhere Wahrnehmung und Reichweite in potentiellen, erweiterten Kundenkreisen. Die Produkte können vor Ort ausprobiert und das Ergebnis direkt auf den Social Media Kanälen geteilt werden. Am Ende verlässt der Kunde den Shop mit dem Gefühl ein echter Marken-Insider zu sein - und in ihm keimt der Wunsch auf, das Produkt zu kaufen.
Ob er diesen letzten Schritt dann online geht, oder nicht, kann modernen Anbietern egal sein. Denn sie bieten ihre Produkte heute sowohl offline als auch online an. Im Zweifel verlagert sich der Kaufprozess heute aber auf das Internet. Immer mehr Big Player eröffnen in Großstädten wie München, Berlin oder Hamburg so genannte Showrooms. Sie fungieren wie ein begehbares Schaufenster, in denen die Produkte präsentiert und inszeniert werden, aber nicht mit nach Hause genommen werden können. Wer vor Ort schon kaufen möchte, macht das anhand einer Bestellung per Tablet - alleine oder mithilfe der Mitarbeiter.
Egal ob es das eigene Smartphone des Kunden, oder aber Tablets und Co. Mit denen der Store seine Mitarbeiter ausstattet - mobile Endgeräte verbessern die Verkaufsprozesse - und damit auch das Einkaufserlebnis - bereits in vielen Bereichen. Und das wird in Zukunft stark zunehmen. Große Anbieter arbeiten bereits mit Hochdruck an Apps, die, in Verbindung mit Augmented Reality Brillen, den Kunden ermöglichen, beim Betreten des Shops individuell von einem Avatar beraten zu werden. Das spart Zeit, nicht nur für den Kunden, der nicht warten muss bis ein Beratungsservice frei wird, sondern auch für die Mitarbeiter, die im Einzelfall die freigewordene Ressource zur Verfügung haben für speziellere und fachlichere Fragen. Die Zeit kann auch für Zusatzverkäufe genutzt werden, welche ein hohes Potenzial für mehr Umsatz bedeuten. Tipps und Tricks für das Mehrverkaufen sowie Ziele, die die Mitarbeiter spielerisch erreichen sollen, liefert dabei die sell & pick App. Anderorts kann der Verbraucher VR-Codes scannen, um Treuepunkte zu sammeln, zu zahlen und sogar um - ganz Lifestyle-mäßig - dem persönlichen Stylisten Mode aus sozialen Medien zu zeigen. Der stellt dann basierend auf den bekannten Vorlieben und Kaufangewohnheiten individuelle Looks zusammen. Die Möglichkeiten des modernen Anbieters, seine Kunden über ihre Smartphones beim Einkauf zu unterstützen, sind grenzenlos. Die oben genannten Entwicklungen sind erst der Anfang, wie die technologischen Innovationen unseren Point of Sale maßgeblich verändern. Fakt ist: Wenn man sich als Händler mit den Wünschen und Vorlieben seiner Kunden - und nebenbei bemerkt: auch denen seiner Mitarbeiter - beschäftigt, und diese positiv beeinflussen möchte, bietet die fortschreitende Digitalisierung ungeahnte Möglichkeiten. Wir müssen uns nur über die informieren. Und sie vor allem auch nutzen.